So schützte ich neben mir selbst auch meine Kameratasche und stülpte den kleinen Regenmantel darüber. Irgendwie war die Stimmung wahnsinnig ausgelassen, das Wasser brodelte bereits, die Satelliten-Schüssel richtete sich zum Satelliten aus und die Lunchpakete wurden ausgepackt. Zwei bis drei Stunden würde es dauern, bis der Erdrutsch von der Straße gefegt ist. Eine gute Zeit um sich auszuruhen und die Umgebung zu genießen.

Während wir alle so fröhlich umherliefen und Fotos machten, telefonierte unser anderer Local, Juan, mit dem Satellitentelefon und lief aufgeregt hin und her. Nach einer kurzen Besprechung mit Dag trommelte dieser uns zusammen, um eine weniger erfreuliche Nachricht zu überbringen. Die Lawine sei zwar bald weggeschaufelt, die Strecke, die uns danach erwartete, aber durch heftige Regenfälle stark aufgeweicht und für einen so großen Konvoy unpassierbar.

Ein ziemlicher Dämpfer für uns alle, zumal sich das eigentliche Problem, der Erdrutsch, ja bald auflösen sollte. Es hieß also: umdrehen und eine Stunde zurückfahren, dort einen Campingspot suchen und morgen weiterzusehen.

Als alle auf dem Weg zu den Autos waren, gab es einen lauten Pfiff, der nochmal eine weitere Idee mit sich brachte, welche die wahnsinnige hin- und her- Gerissenheit widerspiegelte. Wie wäre es, wir warten auf den Radlader, lassen ihn alles wegschaufeln und probieren eine Alternativroute durch den Dschungel? Eine Entscheidung dieser Art ist nicht leicht zu treffen, vor allem wenn 40 Leute mit drin hängen.

Der Regen wurde heftiger.

In dem Moment, in dem immer mehr Wasser aus den tiefhängenden Wolken stürzte und am Hang mehrere Bewegungen zu beobachten waren, entschieden wir uns doch für die sichere Methode der Umkehr. Selbst wenn der Peruaner mit seinem Radlader gekommen wäre, hätten wir das Risiko für zu hoch empfunden. Es könnte: a) ständig Schlamm und Steine nachrieseln, b) vorher nochmal eine Lawine herunterkommen oder c) es uns später nochmal erwischen.

Wir waren so kurz vor dem Ziel, es fehlten knapp 30 Kilometer bis zu unserer nächsten Unterkunft, die übrigens schon einen sehr schönen Empfang vorbereitet hatte. Jetzt war da aber noch eine weitere Schwierigkeit: Der Regen und die Höhe. Um sicher campen zu können, hätten wir noch aus dem Lawinengebiet rausfahren müssen – wir wären dann für eine ganze Nacht auf weit über 3000 m Höhe gewesen, was unseren neu Dazugestoßenen gesundheitliche Probleme bereiten könnte, besonders nach einem anstrengenden Tag wie diesem. Außerdem hörten die heftigen Regenfälle nicht auf und hätten uns beim Zelten das Leben sehr erschwert.

Was nun?

Wir haben uns tatsächlich für Plan H, X, F, es war auf jeden Fall einer der letzteren Ideen, entschieden, nochmal komplett zurück bis kurz vor Huancayo zu fahren – in das Hotel, in dem wir heute morgen noch saßen und Rührei aßen. Doch ist das ein Rückschritt, oder einfach nur ein Abenteuer und eine weitere Erfahrung? Mit einem kleineren Team hätten wir vielleicht anders reagiert. Mit so vielen Leuten allerdings ist das Risiko sehr hoch, besonders, wenn noch nicht alles so eingespielt ist. Sicherheit geht da dann doch vor, im Nachhinein hätte es keiner begrüßt, wenn wir nicht ohne Fremdhilfe aus dem Dschungel rausgekommen wären.

Die Rückfahrt war sehr anstrengend, es standen viele Fahrerwechsel an und wir fuhren als ein großer Konvoy, um die Kommunikation zu erleichtern. Nebel und Dunkelheit erschwerten die Fahrt ohnehin schon. Andererseits hat es sich Nachts wieder für eine ganz andere Art Fotos angeboten, was ich natürlich immer sehr begrüße.

Insgesamt zeigt das alles, dass es zwar eine Sackgasse, eine Enttäuschung und somit sehr sehr schade war (auch bezüglich der weiteren Pläne der Tour), es aber für alles eine Lösung gibt und wir so wieder mal extremere Erfahrungen mit den Naturgewalten machen durften.

Letztes Jahr traf El Niño Peru sehr hart, wogegen die Regenfälle heute nichts waren. Wie die Menschen es gemeistert haben, sich wieder aufzurappeln und uns in jedem Dorf so herzlich zu begrüßen und zu unterhalten, ist unglaublich und hat eine Menge Respekt verdient!

Morgen schauen wir mal weiter, wie die Route aussehen wird. Wir probieren, so schnell wie möglich auf die geplante Route zurückzukehren, mit einem kleinen Umweg. Somit müssen wir leider den Dschungel auslassen – natürlich sehr traurig für alle von uns, die sich schon auf eine Matsch-Schlacht und die Natur dort gefreut haben.
Wir durften ja zumindest mal vorfühlen und ich konnte Fotos machen, auf denen es zumindest schonmal etwas nach Dschungel aussieht.

Ich bin selbst gespannt und berichte morgen, wie wir das Ganze nun lösen werden.

Bis morgen,

Euer Jonas.