31.10.2015: Heute läuft es – Seit zwei, drei Stunden brausen wir mit guter Geschwindigkeit über die australische State Route 5, es geht von Lajamanu nach Balgo – zwei winzige Örtchen in der Weite des Outbacks. Nur gelegentlich müssen wir unser Tempo drosseln; stellenweise scheint es geregnet zu haben und der Regen hat die Fahrbahn in eine matschige und rutschige Piste verwandelt. Ansonsten kommen wir gut voran und machen Strecke.

Immer wieder passieren wir rostige Autowracks, die die Passage offensichtlich nicht geschafft haben. Die Expeditionsteilnehmer haben dafür keine Augen: Sie sind den Anblick der Schrottautos am Fahrbahnrand aus den letzten zwei Wochen gewöhnt, sie gehören für uns quasi mit zum Straßenbild. Wir hören in unseren Autos Musik, lassen unsere Gedanken fliegen und genießen die flüssige Fahrt.

Ein Funkspruch von John, unserem australischen Vor-Ort-Kontakt, holt uns zurück in die reale Welt: „There is a car standing on the side of the lane“ – eine Autopanne im Nirgendwo. Es gibt hier keinen Handyempfang und außer uns so gut wie keinen Verkehr. Ehrensache, dass wir unseren Konvoi zum Stoppen bringen und fragen, ob wir helfen können.

Toby heißt der Aborigine, der hier mit seinem Kleinwagen liegen geblieben ist und große Augen macht, als er uns sieht: „So viele Autos – hier?!“, wundert er sich. Er reist mit seiner Frau und hatte einen Getriebeschaden – gestern in der Früh! Seitdem harren die beiden am Fahrbahnrand aus.

Jetzt macht sich bezahlt, dass wir als Tourteilnehmer jetzt seit zwei Wochen gemeinsam unterwegs sind: John organisiert ein Satellitentelefon, mit dem Toby seine Freunde benachrichtigen kann, die seit gestern auf ihn warten. Meike und Kerstin sind gleichzeitig dabei, Verpflegung heran zu bringen: Es gibt eine Handvoll Orangen, Kekse und – wohl am wichtigsten bei der Hitze – mehrere Liter Trinkwasser.

Parallel dazu beugen sich unsere beiden Techniker Oliver und Frank über die Motorhaube des Pannen-Autos. Leider müssen die beiden jedoch schnell abwinken: Passende Ersatzgetriebe haben sie in ihrem mobilen Teilelager nicht dabei. Zwar sind die Auto-Profis ehrgeizig und suchen nach einer Möglichkeit zu improvisieren – letztendlich müssen sie aber vor dem Problem kapitulieren.

Aber Toby hat über unsere Satellitenverbindung seine Freunde erreicht und ihnen so detailliert wie möglich beschrieben, wo genau er und seine Frau sich befinden – sie machen sich auf den Weg, um die beiden einzusammeln. Vorher wollen sie noch versuchen, ein passendes Ersatzteil aufzutreiben. Es ist aber auch gut möglich, dass sich Tobys Auto zu den anderen Wracks gesellt – hier, auf dem längsten Autofriedhof der Welt.

Toby wird sich wohl noch eine Weile gedulden müssen, bis seine Freunde eintreffen. Wir aber müssen weiter, denn uns stehen noch einige Stunden Fahrt durchs Nirgendwo bevor. Nur gut, dass wir ihn wenigstens gut versorgt wissen.

Euer Timo
#LET2015