01.11.2015: Ein Junge rollt gemächlich auf seinem Fahrrad am Bolzplatz vorbei und überquert dann einfach im Zick-Zack die namenlose Hauptstraße Balgos in Westaustralien. Daniel, so heißt der neunjährige Aborigine, schaut sich nicht um: Würde hier ein Auto vorbeikommen, hätte er es schon vor Minuten über die staubige Schotterstraße heranfahren sehen.

Daniel ist der einzige Mensch auf dieser Straße. Die Sonne brennt erbarmungslos auf die Wellblechdächer des kleinen Ortes mitten in der Wüste des Bundesstaates Western Australias. Die wenigen Bewohner Balgos haben sich in ihre Häuser zurückgezogen. Einzig ein kleiner Mischlingsrüde, der vor dem Supermarkt auf der anderen Straßenseite im Schatten liegt, rafft sich kurz auf, als Daniel an ihm vorbei fährt.

Balgo ist bis zum Wochenende ein Zwischenstopp für uns – wir warten hier auf die neuen Teilnehmer und Journalisten, die für die letzte Wochenetappe anreisen. Wir müssen uns mit Proviant versorgen: vor allem Wasser und natürlich Treibstoff. Einst wurde der Wüstenort genau aus diesem Grund angelegt: als Versorgungsstation im Nirgendwo von Westaustralien.

Dennoch verirren sich kaum Touristen hierher, der nächste Ort ist hunderte von Kilometer entfernt. Ein Hotel gibt es nicht, wir campen auf dem Hof der Schule. Hier gibt es auch Toiletten und Duschen – eine fast luxuriöse Unterkunft im Vergleich zu unseren Schlafplätzen der letzten Tage, mitten im Steppenland des australischen Outbacks.

Von Balgo aus unternehmen wir kleine Ausflüge, der salzige Lake Gregory liegt in der Umgebung. Außerdem gibt es einige hundert Meter vom Ort entfernt einen spektakulären Aussichtspunkt: Die Landschaft fällt hier abrupt um fast 50 Meter ab. Als wir dort ankommen, rollt gerade ein heftiges Gewitter mit Blitzen im Sekundentakt über die Tiefebene vor uns. Auch dem Warlayirti Arts Center, das die bunte Kunst der Aborigines verkauft, statten wir einen Besuch ab.

Aber das wahre kulturelle Zentrum Balgos ist der Football-Platz, um den sich alle Häuser des Ortes gruppieren. Spät Abends, wenn die Temperaturen unter die 30-Grad Marke fallen, wird es hier lebendig. Heute zeigt ein Open-Air Kino den Film „The Fast and The Furious 7“, anschließend läuft Musik über die Lautsprecher – die Wüstendisco der wenigen Jugendlichen im Ort.

Gestern Abend trug Daniel hier ein Footballmatch aus. Sein Schulteam, die Luurpa Young Stars, spielte gegen die Bulldogs, die Mannschaft der zweiten Schule in Balgo. Wer gewonnen hat? Doofe Frage: „Wir natürlich“, sagt der Junge stolz. Ein Teamkollege von Danny kam vorbei, als er uns auf dem Sportplatz sah. Ein Highlight Balgos wollen mir die beiden noch unbedingt zeigen: In einer der Wellblechhallen am Sportplatz befindet sich das Fitnessstudio des Ortes. Natürlich hat es im Moment geschlossen, wer will schon bei dieser Hitze Gewichte stemmen?

Und so trollen sich die Jungs jetzt in Richtung Spielplatz und wollen mal schauen, ob dort etwas passiert an diesem heißen Nachmittag. Ich dagegen schlendere zurück zu unserem Camp und werde ein wenig dösen – vielleicht wollen wir ja heute Abend ein wenig tanzen gehen, in der Disco am Football-Platz.

Euer Timo
#LET2015