21.10.2015: Nach neun Stunden abenteuerlicher Fahrt biegen wir um die letzte Kurve für heute. Nur noch wenige Meter sind es jetzt bis nach Miwul, einem Aborigine-Ort, an dessen Strand wir heute unser Nachtlager aufschlagen. Schon aus der Entfernung können wir Henry erkennen, der im Schatten der kleinen, grünen Baumkrone an einem sonst kahlen Baumstamm lehnt und auf uns wartet.

Der weißbärtige Dorfälteste ist der Besitzer des Strandes und für heute Nacht unser Gastgeber. Er berichtet, dass er schon seit einigen Stunden hier sitzt und auf unseren Konvoi wartet – eine Handyverbindung, über die wir unsere genaue Ankunftszeit hätten ankündigen können, haben wir schon seit Tagen nicht mehr. Der nächste Funkturm ist hunderte von Kilometern entfernt.

Die 150 Kilometer der heutigen Tagesetappe waren abenteuerlich und stellten sowohl unsere Fahrzeuge als auch das Team auf die Probe: Wir sind tief im Arnhem-Land, dem Territorium der Aborigines unterwegs – richtige Infrastruktur gibt es nicht. Die „Straßen“ sind zum Teil seit längerem nicht benutzt worden, immer wieder muss unser Konvoi stoppen, damit wir den zugewucherten Weg frei legen können. Der lange und schwere Versorgungstruck verliert auf der Strecke den Anschluss und wir hoffen, dass er irgendwann im Laufe der Nacht unser Camp erreicht.

Für Camp-Besitzer Henry ist heute ein besonderer Tag: Erst vor kurzem hat er die Verhandlungen mit dem Northern Land Council (Verwaltung des Arnhem-Landes) abgeschlossen, in denen beschlossen wurde, dass sein Strand ab sofort Touristen beherbergen darf. “Ihr seid meine ersten Gäste” sagt er und führt uns stolz zum ersten sichtbaren Zeichen des vorsichtig aufkeimenden Tourismus in der Gegend: das Toilettenhäuschen. Wir haben den ganzen Tag über kein einziges Gebäude gesehen und sind uns absolut einig mit dem alten Chef der Aborigines: Die kleine Wellblechhütte ist ein echter Palast! :)

Tourismus ist im Arnhem-Land bislang so gut wie gar nicht bekannt. Wer das Land der Ureinwohner Australiens betreten möchte, musste sich bislang mühsam und Monate im Voraus kostenpflichtige Genehmigungen organisieren, die längst nicht in jedem Fall erteilt werden. Die Einnahmen für diese Permits sollen den Aborigine-Clans als Einnahmequelle dienen.

Trotzdem möchte Henry heute Abend noch eine zusätzliche Bezahlung: Zwei Kanister V-Shell-Diesel und zwei Schachteln Zigaretten verlangt er dafür, dass die Land Rover Experience Tour bei ihm sein Lager aufschlagen kann. Den Diesel saugt er mit dem Mund und einem Schlauch direkt aus unseren Versorgungskanistern auf dem Dachgepäckträger. Für die Zigaretten müssen wir ein Team in den nächsten Ort schicken.

Dorthin müssten wir aber ohnehin: Unsere gesamten Essensvorräte sind im Versorgungstruck, der sich noch immer seinen Weg durch das Outback kämpft. So bleibt die Küche heute kalt – einige Brote, Käse und Fisch aus der Dose müssen reichen. In der Umgebung sammeln wir trockenes Holz und entfachen damit ein Lagerfeuer. Außer seinem flackernden Schein beleuchten einzig ein halber Mond und die Sterne unser Abendessen – die improvisierten Stullen schmecken hervorragend nach Abenteuer. #LET2015

Goodbye, Euer Timo